![]() |
||||||||||||||||||||||||||
![]() |
||||||||||||||||||||||||||
![]() |
||||||||||||||||||||||||||
![]() |
||||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |
![]() |
|
|||||||||||||||||||||||
Zum Seitenbeginn | ||||||||||||||||||||||||||
Elkadis Ahnen... |
||||||||||||||||||||||||||
|
||||||||||||||||||||||||||
Zum Seitenbeginn | ||||||||||||||||||||||||||
"Ein Hengst mit Vergangenheit" |
||||||||||||||||||||||||||
Am 10. August 2008 wurde Elkadis Geburtstag gefeiert. In der Schweriner Volkszeitung erschien dieser Artikel: |
||||||||||||||||||||||||||
Jeder Mensch ist Teil der Geschichte. Irgendwie. Seiner eigenen – selbstverständlich. Aber irgendwie auch Teil dieser großen, also der ganz großen - der Weltgeschichte. Irgendwie. Und wenn es noch so seltsam anmutet: Tiere sind Teil der Geschichte. Auch irgendwie. Zum Beispiel Elkadi II, der Trakehnerhengst, der auf einem Gestüt bei Crivitz steht. In ihm steckt ein ziemlich großes Stück Geschichte, vom Krieg, von der Flucht aus Ostpreußen, von den zwei Deutschländern, von der Vereinigung und dem Heute. Michael Rittmeier hat sie nachgezeichnet. „Das ging ja schon im August ´44 los. Da wurde im ganzen Kreis das Vieh zusammen getrieben und ab Richtung Westen.“ Der 75jährige Manfred Czylwik kneift das rechte Auge zu, wenn er erzählt, mit der Hand zeigt er in die Himmelsrichtung. Er war dabei. Damals in Markau, in Ostpreussen. Er war gerade zwölf, als „es losging“. „Die Kühe brüllten, sie wurden ja nicht gemolken. Die Euter waren blau.“ Vier Wochen waren sie unterwegs, um die Rinder in den Westteil des Landkreises zu treiben. Dann kamen sie zurück und fanden den Hof verwahrlost vor. „Da hatte die Wehrmacht gehaust. Die Federn des Geflügels flogen rum, die Schweine waren tot. Die wollten noch mal zum ‚Endsieg’ rausrücken, aber das wurd ja nix mehr, “ Czylwik grinst ironisch. Bis Oktober hätten sie dann weiter gewirtschaftet, erzählt er. Die Ostfront hatte sich etwas stabilisiert. Dann am 22. Oktober kam der Befehl: Hof verlassen, fliehen. Oma, Mutter, Vater, vier Kinder und zwei russische Zwangsarbeiter machten sich mit den anderen aus dem Dorf auf den Weg. Die Russen Ivan und Tanja zogen mit, weil sie Angst hatten, von der Wehrmacht „aufgeknüpft“ zu werden. „Das taten die, das hab ich gesehen.“ Czylwik nickt. „Im Planwagen die Familie. Auf dem Leiterwagen die Russen und der ganze Krempel.“ Fünf Pferde hatten sie noch. Zwei Wallache und drei Stuten. In der ersten Etappe ging es nur bis Sensburg, etwa hundert Kilometer von Markau entfernt. Dann Weihnachten 1944 war klar: Der Krieg war verloren. Sie verluden die Pferde und die Wagen auf die Eisenbahn. „Das Ding stand mehr, als es fuhr. Immer wieder Bombenangriffe.“ Bis irgendwo hinter Pommern sind sie auf Schienen gefahren. Aber die Rote Armee kam immer näher, also: Pferde wieder angespannt und auf Feldwegen weiter bis Stettin. Alles im Winter. Alles in eisiger Kälte. „Das war die schlimmste Zeit.“ Erinnert sich der damals 12jährige. Im März erreichten sie Schwerin. Auf dem alten Garten standen sie, holten sich ihren Treckschein – Verwaltung musste sein beim Untergang. Dann ging es weiter bis Rankendorf. Da war für sie der Treck zu Ende. Opa August hatte entschieden zu bleiben. In Rankendorf bewohnten sie ein Zimmer im Keller des Guthauses. Rechtzeitig versteckte Vater Czylwik die Stuten im Wald, denn die Wehrmacht kam und requirierte Pferde, die beiden Wallache nahmen sie mit. Drei Stuten blieben ihnen. Nicht viel. Edelweiß hieß die eine und ihre Tochter Elba - von einem Vollblüter gezogen, an den Namen der dritten erinnert sich Manfred Czylwik nicht. Mit dem Wald – das wurde zur Übung, ein paar Tage später kam die russische Armee. Wieder verschwanden die Stuten im Wald. Erst dann beruhigte sich die Situation und die Familie bekam ein Stück Neubauernland. „Aber der Boden war so schwer. Das konnten unsere Pferde nicht.“ Trakehner sind schon zu diesem Zeitpunkt „hoch“ gezüchtete Tiere. Ihr Knochenbau ist wesentlich zierlicher, leichter als der von Kaltblütern. Also wurden Elba und Edelweiß getauscht – gegen schwere Kaltblüter, mit denen die Czylwiks den Boden pflügen können. „1953 bin ich dann abgehauen. Allein.“ Zwanzig war er da. Zurück blieben die Familie und die Trakehner. 1954 wird Elba auf der AGRA in Leipzig präsentiert. „Typvoll“ sei sie, heißt es dort. „Zuverlässig“. Die junge DDR hat die Trakehner im Norden zu einer Gen-Reserve auf Gut Vorderbollhagen beziehungsweise in Ganschow zusammengezogen. Der neue DDR-Brand mit dem die Tiere gekennzeichnet werden – ein Pfeil durch eine geschwungene Linie – bekommt ein „T“ für Trakehner, um ihren besonderen Status zu unterstreichen. Der Stutenstamm der Elba wird in Ganschow gehegt und gepflegt. 1983 wird ein Hengstfohlen geboren. „Elkadi“ wird es getauft. Bei seiner Körung – also der „Offiziellen Ernennung“ zum Hengst - wird er in das Landesgestüt Neustadt/Dosse verkauft und verdient sich seinen Hafer als „Landbeschäler“ – was heißen soll: Er deckt Stuten. In Calvörde, wo er stationiert war, heißt es: „Er hinterlässt hier zahlreiche Nachkommen, die sich durch hohe Leistungsbereitschaft, bestem Umgang und Zuverlässigkeit auszeichnen.“ Da kommt wohl das Erbe der Elba und die Leistungsbereitschaft seines Vaters durch, dem Hengst Trafaret – ein in Kirow in Russland aus den Erben Trakehnens gezogenes Pferd. Springbereit seien die Pferde, die Elkadi zeugt. Viele Jahre rekrutieren sich die Springpferde der DDR – so selten sie waren – und nach der Wende die Sachsen-Anhalts aus seiner Nachkommenschaft. 1998 errechnet der Trakehnerverband, es seien unter den hundert besten Springvererbern aller Rassen zwei Trakehner, die bedeutend seien. Caanitz und Elkadi. |
||||||||||||||||||||||||||
|
||||||||||||||||||||||||||
Nach der Wende kommt Manfred Czylwiks beziehungsweise seine Familie zurück. Sie suchen Erben der Elba und beginnen wieder mit der Trakehnerzucht. Der Hengst Elkadi aber geht – fast zwanzigjährig - nach Crivitz auf das Gestüt Terra Nova von Klaus Marggraf. Mehr als fünf Jahre deckt er die Stuten und zeugt menschenbezogene Pferde, die ihren Reiterinnen und Reitern Freude machen. Dieses Jahr wird der Hengst 25 und geht aus der Zucht. Zwar ist er noch willig, aber Stuten sind groß und als alter Herr ist es schon schwierig, da drauf zu springen. Also erfreut er sich am Anblick junger Stuten, wiehert, flemt und frisst sein Gnadenbrot. Morgen gibt es neben dem traditionellen Fohlenbrennen auf dem Gestüt eine Geburtstagsfeier für Elkadi. Da kommen sie dann wieder alle zusammen. Der Manfred Czylwik, Menschen aus Ganschow, aus anderen Gestüten, Christine Achtmann,. die jetzige Besitzerin, Menschen, die ein Stück Geschichte gemeinsam haben. Oder besser: Menschen und Pferde, die Geschichte verbindet. Ach, und einer der letzten Nachkommen Elkadis wird gebrannt. Eine wunderschöne Rappstute. Terra Nigra heißt sie. Und mit dem Brand bekommt sie ein Päckchen Geschichte mit auf den Weg. Von Ostpreussen, von der Flucht, von den zwei Deutschländern, von der Vereinigung und dem Heute. |
||||||||||||||||||||||||||